Die Sieben Stadien der Eskalation

Die Sieben Stadien der Eskalation

Ein Konflikt, oder der Umgang mit einem solchen, lässt sich in drei „Stufen“ einteilen.
Sie sind schon im Leitsatz von DefenceLab (DL) erkennbar. Innerhalb dieser Stufen gibt es jedoch noch weitere Stadien, sodass insgesamt sieben zu beachten sind.

Verhindern

Der Leitsatz von DL beginnt mit „We study violence as to prevent it“ („Wir studieren Gewalt, um sie zu verhindern“). Dies ist und bleibt das erste Ziel, wenn es um Konflikte geht. Wir wollen sie nicht!
Daher gilt, jeden Konflikt im Idealfall schon im Vorfeld zu erkennen und die Situation
gar nicht erst zu einem Konflikt werden zu lassen. Dabei hilft uns der gesunde Menschenverstand und auch etwas Menschenkenntnis. Aggressive Menschen lassen sich oftmals am Verhalten erkennen (= visuelle Vermeidung).
Man kann hören (= auditive Vermeidung) und sehen, wenn jemand betrunken ist. Und manchmal haben wir einfach ein ungutes Gefühl, wenn wir bestimmte Menschen(gruppen) sehen (= emotionale Vermeidung).
Das erste Stadium in einem Konflikt ist also dessen Vermeidung, indem wir unser Umfeld mit allen Sinnen (am besten ständig) wahrnehmen. Wenn ein Konflikt auch nur erahnt wird (man sieht oder hört beunruhigendes oder man fühlt sich unwohl), ist es notwendig sich sofort in Sicherheit zu bringen. Der Konflikt ist vermieden.

ENTKOMMEN
Manchmal können wir einem Konflikt nicht entkommen. Wir waren unaufmerksam oder die Situation war ungünstig. Ein Konflikt muss aber nicht automatisch körperliche Auseinandersetzung bedeuten. Es gibt immer noch Möglichkeiten, ohne Schmerz und Blut
aus der Sache heraus zu kommen. („We study violence as to […] escape it“/„Wir studieren Gewalt, um […] ihr zu entkommen“.)

VERBALE KONFRONTATION AUF LANGE DISTANZ
Oftmals beginnt ein Konflikt mit Worten. Das bedeutet Beleidigungen, Pöbeleien oder provozierende Fragen.
Hier ist es hilfreich, sich nicht auf ein verbales Hin und Her einzulassen. Dabei können wir kaum etwas gewinnen. Wenn man dann die Situation einfach verlässt kann es sich vielleicht als Niederlage anfühlen (die Beleidigungen kratzen am Ego), aber letztlich haben wir uns und unsere Begleitung/Familie in Sicherheit gebracht.

OPTISCHE KONFRONTATION AUF LANGE DISTANZ
Es gibt Aggressoren, die nicht (nur) verbal auf Konfrontation aus sind, sondern sie versuchen einen (auch) durch Blickkontakt zu provozieren.
Ein Anstarrwettbewerb wird die Situation nur verschlimmern. Jetzt ist noch Zeit einem Kampf zu entkommen.

VERBALE KONFRONTATION AUF KURZE DISTANZ
Sollte sich die Situation ergeben, dass ein einfaches Entkommen (durch Flucht) nicht mehr möglich ist, können wir mit ruhigen, beschwichtigenden Worten versuchen zu deeskalieren. Der Gegner hat dabei immer Recht! Logik, Verstand oder eine Diskussion wird wahrscheinlich nicht helfen.
Zu diesem Zeitpunkt ist ziemlich klar, dass unser Gegenüber die Konfrontation sucht. Jede Form von (verbalem) Widerstand gibt ihm einen möglichen Anlass, wirklich Taten folgen zu lassen (zB.: „Ich habe deine Freundin doch gar nicht angestarrt.“, „Ich möchte aber hier entlang gehen, lass mich doch einfach durch.“; lieber: „Es tut mir leid, wenn ich den Eindruck gemacht habe. Bitte entschuldige.“, „Ich suche keinen Ärger. Ich gehe lieber.“).

DURCHSETZEN
PHYSISCHE KONFRONTATION
Der letzte Teilsatz von DL lautet: „We study violence as to […] — if all else fails — utilise it ourselves to survive“
(„Wir studieren Gewalt, um […] sie — wenn es keine andere Möglichkeit gibt — selbst anzuwenden, damit wir überleben.“). Wenn alle Stadien bisher nicht zur Deeskalation verholfen haben, wird es sehr wahrscheinlich zur körperlichen Auseinandersetzung kommen. Mit The Fuse 1&2 werden uns mögliche „erste Schritte“ in einen Kampf vorgestellt; nämlich zB. mit Greifen (The Fuse 1) oder Schubsen (The Fuse 2);
manchmal auch begleitet mit weiteren verbalen Angriffen. Das bedeutet, Körperkontakt wird seitens des Angreifers hergestellt (in der zweiten Prüfung folgen nach dem Schubser gleich Schläge).
An diesem Punkt müssen wir — leider — selbst mit körperlichen Reaktionen antworten, um die Situation in unserem Sinne unter Kontrolle zu bekommen.

VORBEUGEND (UNTER STRESS)
Der vorherige Punkt bedeutet für uns, dass wir eigentlich den entscheidenden Punkt verpasst haben. Beginnt die Konfrontation seitens unseres Gegners, sind wir im Nachteil. Daher ist es die höhere Kunst, den ersten Schritt (zur Verteidigung!) zu machen. Dies
kann unter Panik geschehen. Besonders, wenn uns mehrere Gegner gegenüber stehen. Allerdings erhöht Panik die Chance, dass wir Fehler machen. Vielleicht hätten wir noch etwas tun können, um ohne Gewalt die Situation zu kontrollieren?! Oder wir reagieren überhastet und dadurch nicht angemessen (d.h. verursachen „zu viel“ Schaden), was in einem evtl. späteren Prozess zu unserem Nachteil ausgelegt werden könnte.

VORBEUGEND (KONTROLLIERT)
Wenn wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben und dennoch die Situation nicht entschärfen konnten, ist es an uns, den ersten Schritt zu tun. Dies mindert den Schaden, den wir mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst einstecken werden.
Wenn wir selbst in Notwehr(!) angreifen, können wir die Situation und Gegner zu unseren Gunsten manipulieren, um letztlich die Kontrolle erlangen und die Flucht ergreifen zu können.

  • Stefan Mehlhorn &
    Ralf Schmidbauer

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